Wettbewerb Moosbrunn – Arzthaus

Städtebauliches Konzept
Mitten im Straßendorf gelegen vermittelt der Neubau durch seine schwebende Erscheinung und Offenheit zwischen Hauptstraße und dem ehemals landwirtschaftlich geprägten ‚Hintaus‘ des Ortes, das durch den bestehenden Stadl sichtbar wird. Es entsteht ein mehrfach nutzbarer Bereich im Ortsbild, der den Himmel, das Licht und die Umgebung architektonisch und atmosphärisch miteinbezieht.Das Arzthaus zeigt seine Funktion als öffentliches Gebäude durch sein großzügiges Platzangebot und die einladende Geste in der Erdgeschoßzone. Materialität und sorgfältige Detailausbildung verstärken den Eindruck. Das Satteldach als Zitat reiht sich in die vorhandenen Strukturen ein.

Architektonisches Konzept
Der Arztbesuch dient neben der Vorsorge und Wiedererlangung von Gesundheit auch der Kommunikation und Kontaktaufnahme. Das Arzthaus bietet sowohl im Freien (gedeckte Flächen im Erdgeschoß) als auch im Inneren (Begegnungszone im Obergeschoß) attraktive Möglichkeiten zum Verweilen außerhalb der Ordinationen – in Zeiten von Corona ein wichtiger Aspekt.
Durch die Verlegung von 3 Arztpraxen in das barrierefrei zu erreichende Obergeschoß sind die meisten Angebote auf einer Ebene erreichbar. Die Praxis für Gynäkologie ist bewusst in der Erdgeschoßzone verortet: Ladys first!
Der Innenhof zentriert die Anlage und bringt Tageslicht und Transparenz in das Gebäude. Die Orientierung ist einfach und ablesbar. Durch klare Trennung von Verkehrsfläche und Gehbereich ist Sicherheit gewährleistet.
Durch die gedeckten Flächen im Erdgeschoß ist Wetterunabhängigkeit gegeben. Eine Anschlussbox im Bereich des Müllraums (Strom, Starkstrom, Wasser, Abwasser) stellt die Infrastruktur für flexible, öffentliche oder private Nutzung außerhalb der Ordinationszeiten zur Verfügung. Es sind Veranstaltungen wie Bauernmarkt, Flohmarkt, Oster- und Weihnachtsmarkt, Private Feiern, etc. etc. denkbar.

Bautechnik
Aufgrund der aktuellen Marktlage (eklatante Knappheit und Verteuerungen von Material, insbesondere Massivholzbauteile) aber auch aus bautechnisch-wirtschaftlichen Überlegungen (Brandwände, Nutzung von Speichermassen, Bauteilaktivierung) schlagen wir einen Stahlbeton / Ziegel Massivbau mit 20 cm Mineralwolldämmmung (Wände, Deckenuntersichten) und 36 cm für die Dachdämmung vor. Das Bauwerk ist nicht unterkellert. Die Haustechnik ist im Satteldachraum (Holzdachstuhl in der thermischen Hülle) untergebracht und vom zentralen Stiegenhaus für Wartungszwecke erreichbar.

Flexibilität – Umbaumöglichkeit
Die Stahlbetonskelettbauweise mit Zwischenwänden aus Gipsfaserleichtbauwänden in Kombination mit einem Installationsdoppelboden über die gesamte Fläche lässt spätere Änderungen des Grundrisses ohne großen Aufwand zu.

Energiekonzept
Alle Bauteile weisen Passivhausqualität auf. Aufgrund des AV-Verhältnisses hat das Gebäude Niedrigstenergiehausstandard. Das Ärztezentrum wird nur tagsüber zu Geschäftszeiten genutzt, daher reichlich interne Wärmegewinne, die über eine kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärme-, Kälte- und Feuchterückgewinnung im ganzen Gebäude verteilt und genutzt werden können.
Für die Temperierung des Gebäudes wird der hohe Grundwasserspiegel mittels einer Wasser-Wasser Wärmepumpe genutzt (ev. kann der vorhandene Brunnen dafür herangezogen werden). Mit geringem Energieaufwand kann das Grundwasser direkt zum Kühlen verwendet werden. Die Wärmeverteilung erfolgt über Stahlbetondecken, die mit Bauteilaktivierung zum Heizen und Kühlen ausgestattet sind. Wenn erforderlich (z.B. Gynäkologie) kann mit Infrarotpaneelen auf Temperaturschwankungen reagiert werden. Durch die niedrige Vorlauftemperatur ist die Luftumwälzung gering. Es gibt wenig Staubentwicklung.
Auf dem Flachdach wird eine 20 KWp Photovoltaikanlage mit Ost-West Ausrichtung mit je 10 Grad Neigung erstellt. Ein Stromspeicher mit 20 KW/h optimiert die Eigenstromnutzung und dient zugleich als Notstromversorgung.

Sommerliche Überhitzung
Alle Fenster (W,S,O) erhalten außenliegenden Sonnenschutz. Durch die Massivbauweise sind genügend Speichermassen vorhanden (STB-Decken, Treppenläufe, Außenwände). Durch die Bauteilaktivierung wird die Grundwasserkühle zum Temperieren eingesetzt. Durch automatisierte Querlüftung werden bei Nacht die Speichermassen aufgeladen. Eine Klimaanlage ist nicht vorgesehen.
Um die Speichermassen nutzen zu können wird weitgehend auf abgehängte Decken verzichtet. Haustechnik verläuft entlang der Verkehrsflächen. Akustische Maßnahmen verdecken nicht die Speichermassen (Wand, Beleuchtungskörper, Baffeln, senkrecht eingebaute Heraklith Platten, etc.).

Farb- und Materialkonzept
Putz- und Glasflächen stehen in einem harmonischen Verhältnis. Die straßenseitigen Putz- und Holzfassadenflächen fügen sich gut ins Ortsbild ein. Das Satteldach wird mit Blech oder Eternit Rhombus gedeckt. Die Sockelzone des Erdgeschoßes erhält Holzlamellen. Sie wirken einladend und verbinden die Straßenfront mit dem Zaun am Ende des Parkplatzes.
Die einladenden Materialien und die freundliche Anmutung des Außenraums sollen auch im Innenraum fortgesetzt werden. Fein abgestimmte Farben und wertige Materialien bilden zusammen mit der Lichtgestaltung eine harmonische Atmosphäre, die der Gesundheit zuträglich ist.

Freiraumgestaltung
Blickfang – Grüne Lunge
Sowohl im Gebäudetrakt als auch am Parkplatz wird darauf Wert gelegt, Vegetation situationsspezifisch zu integrieren und belebende Beziehungen zwischen Innen und Außen zu schaffen. Mehrere grüne Inseln gliedern und begleiten die tiefe Blickachse über die gesamte Länge des Grundstücks.
Bäume, Kletterpflanzen und Stauden-/Gräserinsel haben Mehrwert: Sie bereichern über den gesamten Jahresverlauf, haben nachgewiesene Auswirkungen auf das Wohlbefinden, stärken als Wasserspeicher und Verdunstungskörper das lokale Mikroklima.

Durchgehender Bodenbelag mit Vegetationsinseln
Die Verwendung einer durchgehenden Materialität schafft gestalterische Einheit und vermittelt Ruhe.

Lichthof – Stauden- und Gräserpolster mit Einzelbaum und Raumteiler
Ein markanter Einzelbaum (Tulpenbaum) stellt die Verbindung zwischen den Ebenen her, charakterisiert die Mitte und belebt im Obergeschoß die Ordinations- und Behandlungsräume.
Im Zugangsbereich wird der bepflanzte Lichthof zum temporären Aufenthaltsort. Er kann am Wochenende flexibel bespielt und vergrößert werden (Mehrfachnutzung Parkplatz). Zugleich trennt er Zufahrt und Zugang und schafft so Sicherheit.
Akzent Raumteiler: Die nordöstlich und westlich angebrachten Edelstahlseile führen zum Dach, sie bilden halbdurchsichtige Raumteiler, die Blütenpracht im Obergeschoß ermöglichen.

Parkplatz – Pflasterteppich mit Einzelbaum und Lattenzaun
Zwei Grünstreifen strukturieren den Parkplatz und nehmen die Niederschlagswässer auf. Der räumliche Schwerpunkt wird durch einen mittelhohen Baum (Blasenesche) definiert. Schlichte Parkplatzgestaltung, eine Verlegung des Pflasters im Sandbett wird empfohlen.
Ein zarter Holzzaun mit Vertikallattung und abschnittsweiser Begrünung wird im Nordwesten vorgeschlagen, dieser erlaubt Durchblicke und greift das straßenseitige Fassadenmaterial nochmals auf.

Extensive Dachbegrünung
Die Dachfläche wird zusätzlich zur PV-Anlage als temporärer Wasserspeicher genutzt (Extensivdach) und erhöht die Pflanzendiversität am Standort.

Grafiken und Gestaltung: Valerie Wolfsberger