Einfamilienhaus Mautern
Aus 1 mach 2 – Aufstockung in Mautern/Wachau
Hausthemen in Variationen
Für Umweltbewusste Bauherrn setzte Architekt Thomas Abendroth in Sinn der Nachverdichtung einen lärchenholzgeschalten Zubau aufs elterliche Haus in Mautern. Mit Stiegenturm, Schmetterlingsdach, Eckzimmern und variantenreicher Terrassenlandschaft bietet er im Niedrigenergiestandard neue Lebensqualität über Baumkronen.
Von Isabella Marboe (Der Standard 6./7.Nov.2004)
In sanften Weinbergtrassen liegt Mautern an der Steiner Donaubrücke, keine zehn Minuten südwestlich von Krems, nach Wien braucht man eine Stunde. Jedes Wochenende fuhren die Bauherrn die Strecke zur Großmutter, die allein in einem typischen einstöckigen, vor Jahrzehnten gemeinsam gebauten Haus lebt. Inmitten einer locker bebauten Siedlung, von der Straße im Osten durchs zweistöckige Haus des Onkels abgeschirmt, liegt es in einem idyllischen Garten mit 100jährigen Obstbäumen. Nahtlos geht in den familiären Nachbargrund über: ein riesiges, sicheres Paradies für die Kinder, wo Marillen, Zwetschken, Äpfel, Ribisel und mehr Köstlichkeiten wachsen.
Die Bauherrn lebten im dicht-verbauten Margarethen im selben Wohnbau wie Architekt Thomas Abendrorth. Als das zweite Kind kam, suchte man eine familienfreundlichere Option am grünen Standard, was unleistbar war. Im Sinn ressourcenschonender Nachverdichtung und Freude der Oma entschied man sich für den Umzug nach Mautern und bat Abendroth um die Planung der Aufstockung. Sie sollte aus ökologischen Baustoffen sein, Niedrigenergiekomfort, ein Büro, Schlaf-, zwei Kinderzimmer, und Terrassen bieten, außerdem musste die Wiener Einbauküche integriert werden.
Das alte Haus ist prinzipiell Rechteck, weit ragte das Satteldach vor, aus dem Südwest-eck buchtet sich der Wohnraum Gartenterrasse und Südsonnenfenster. Die Bauarbeiten sollten das leben der Mutter zu ebener Erde möglichst wenig stören schnell vonstatten gehen. Das Satteldach wurde entfernt, statt dessen sitzt nun ein dreischaliger Holzriegelleichtbau am alten Sockel, dessen neuer Anstrich mit der Lärchenschalung harmoniert. Beidseitig beplankt, zellulosegedämmt, mit Dreischeibenverglasung, Erdwärmetauscher und kontrollierte Wohnraumlüftung erreicht er die Energiekennzahl 24 kWh/(m2a). Er schenkte der Mutter mehr Licht, eine gedeckte Terrasse und eine durch die neue Außendämmung eklatant bessere Energiebilanz.
Der verschiedene Lattenbreiten und nach Licht und Panorama gesetzte Fenster geben feinstrukturierten Rhythmus, die vorspringende, tiefe Nordterrasse und ihr zurückgezogenes, breites Pendant im Süden Plastizität. Feinsinnig gleichsam ins Negativ gekehrt und positiv in zwei Pulten doppelt verwandelt, kehrt das Satteldachthema im prägnanten zur Mitte geneigten Schmetterlingsdach wieder. Dem längsseitig durchgehenden zentralen Wohnraum gibt die doppelte Schräge Charakter, den anschließenden Zimmern mehr Höhe. Als Raum im Raum bildet die integrierte, blau eingehauste Küche mit Blick und Bar zu Essplatz und Nordterrasse ein Zäsur zwischen Wohnen im Osten und dem Essen zum Garten, vom Minibalkon davor ruft man zum Tisch.
Der Zubau variiert grundlegende Altbaumotiv. So beansprucht je ein Zimmer ein Haus-Raum-Eck. Jedes Kind hat ein zweiseitig belichtetes zum Garten, der Elternbereich mit Bad ist im Nordosten. Als externer Zugang ist dem unteren, vorspringenden Wohnraum der Stiegenturm im Südost-eck vorgesetzt. Die Schalung betont seine Vertikale, ein hoher Glaslichtstreifen belichtet ihn komplett, vom Windfang kommt man ins Büro:die Mutter trat ihr Eckkabinett ab.
Die reduzierte Gestaltung setzt sich innen im ruhigen Ahornboden und Schiefer in Küche und Bad fort, die vorspringenden Eckräume schaffen Einschnitte, die mit Terrassen von unterschiedlichem Charakter genutzt sind. So entsteht auf Baumkronendhorizont eine zweite Freiraumebene als Variation zum Garten. Hoch-belichtet ist die tiefe Nordterrasse zwischen Bad und Kinderzimmer mit Weinterrassenpanorama, zum Essen im Freien lädt der lange Südbalkon.
Mitarbeit: Mag. Herwig Mayer, D.I. Peter Krabbe, D.I. Hermann Schratz
Haustechnik und Bauphysik: D.I. Peter Holzer
Statik: D.I.Dr. Klaus Petraschka
Fotos: Rainer Zottele
Exkursionsobjekt bei der 8. Europäischen Passivhaustagung in Krems
am 18. April 2004
Niederösterreichischer Holzbaupreis 2004
Aus dem Juryprotokoll:
Sieger Kategorie Wohnbau Um- und Zubau – Einfamilienhaus in Mautern
Überzeugende Lösung für ein schwieriges aber häufiges Problem beim Umgang mit bestehender Einfamilienhaussubstanz. Erdgeschoss und Keller sind in zu gutem Zustand, um sie abzureißen; das Satteldach dagegen ist nicht genutzt, nicht gedämmt und bietet nur ein beschränktes Raumangebot für einen Ausbau. Die entwickelte Lösung eines leicht auskragenden aufgesetzten Komplettgeschosses mit nach innen geneigtem Flachdach ist kohärent und überzeugend. Klare neue Treppenlösung außerhalb des massiven Baukörpers, gute räumliche Gliederung des aufgesetzten Geschosses, Küche als eigener Baukörper, schöne Blickbeziehungen mit Außenraum, gute innere Grundrissorientierung.